Mittwoch, 21. März 2012

2. Übung - Forschungsprojekt


Der Fall Karl Günther
verhaftet, verurteilt und begnadigt

Ich stieß auf den Namen des Arisierers Karl Günther als Randnotiz im Nachlass eines jüdischen Buchhändlers. Ich entdeckte „seine“ Buchhandlung in meiner Nachbarschaft und konnte nicht widerstehen. Ich machte mich auf die Suche nach der Geschichte.
Im Wiener Stadt- und Landesarchiv wurde ich fündig. Hier werden die Prozessakten der Nachkriegszeit aufbewahrt, u.a. auch die Akte Karl Günther.

Gegen Karl Günther wurde im August 1946 vom Bundesministerium für Inneres Anzeige wegen der Verbrechen nach §6, 10 und 11 des KVG erstattet und ein Haftbefehl ausgestellt. Am 27.09.1946 wurde er auf einer Berghütte festgenommen. Aus den Vernehmungsprotokollen geht hervor, dass er sich nur sehr schlecht an seine Zeit als Nationalsozialist erinnern konnte.

Im Juni 1947 kam es zur Anklage und Günther erklärte sich als nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft konnte ihm aber u.a. Denunziation und Mitgliedschaft in der NSDAP seit spätestens 1934 beweisen. Er wurde am 07.06.1947 zu dreieinhalb Jahren schweren Kerker verurteilt und sein gesamtes Vermögen eingezogen. Sofort nach der Verurteilung suchte er um vorzeitige Entlassung an. Schließlich wurde er am 27. Jänner 1949 enthaftet. Im Jahr 1957 suchte er um Amnesie an und erhielt sie. Kaum hatte Günther das Bescheinigung in der Hand wandte er sich an das Gericht und stellte einen Antrag zur Rückerstattung seines Vermögens, das Anliegen wurde abgewiesen.

Somit konnte ich anhand der Gerichtsakten seinen Lebenslauf bruchstückhaft von 1934 bis 1940 und von 1946 bis 1949 nachvollziehen, aber wo ist der Rest?

Wie rekonstruiert man einen Lebenslauf eines Menschen der am 12.02.1904 in Wien geboren worden war? Wie stieg er vom Wahlsprengelleiter zum ehrenamtlicher Kulturreferent und Truppenführer einer S.A. Standarte auf und was seine Aufgaben waren? Wo war er im Krieg? Wo ist seine Kriegsstammrolle? Warum und auf welcher gesetzlichen Grundlage verfolgte das Bundesministerium Karl Günther 1946? Was tat er nach seiner Entlassung?

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