Der Fall Karl Günther
verhaftet, verurteilt und begnadigt
Ich stieß auf den Namen des Arisierers
Karl Günther als Randnotiz im Nachlass eines jüdischen
Buchhändlers. Ich entdeckte „seine“ Buchhandlung in meiner
Nachbarschaft und konnte nicht widerstehen. Ich machte mich auf die
Suche nach der Geschichte.
Im Wiener Stadt- und Landesarchiv wurde
ich fündig. Hier werden die Prozessakten der Nachkriegszeit
aufbewahrt, u.a. auch die Akte Karl Günther.
Gegen Karl Günther wurde im August
1946 vom Bundesministerium für Inneres Anzeige wegen der Verbrechen
nach §6, 10 und 11 des KVG erstattet und ein Haftbefehl ausgestellt.
Am 27.09.1946 wurde er auf einer Berghütte festgenommen. Aus den
Vernehmungsprotokollen geht hervor, dass er sich nur sehr schlecht an
seine Zeit als Nationalsozialist erinnern konnte.
Im Juni 1947 kam es zur Anklage und
Günther erklärte sich als nicht schuldig. Die Staatsanwaltschaft
konnte ihm aber u.a. Denunziation und Mitgliedschaft in der NSDAP
seit spätestens 1934 beweisen. Er wurde am 07.06.1947 zu dreieinhalb
Jahren schweren Kerker verurteilt und sein gesamtes Vermögen
eingezogen. Sofort nach der Verurteilung suchte er um vorzeitige
Entlassung an. Schließlich wurde er am 27. Jänner 1949 enthaftet.
Im Jahr 1957 suchte er um Amnesie an und erhielt sie. Kaum hatte
Günther das Bescheinigung in der Hand wandte er sich an das Gericht
und stellte einen Antrag zur Rückerstattung seines Vermögens, das
Anliegen wurde abgewiesen.
Somit konnte ich anhand der
Gerichtsakten seinen Lebenslauf bruchstückhaft von 1934 bis 1940 und
von 1946 bis 1949 nachvollziehen, aber wo ist der Rest?
Wie rekonstruiert man einen Lebenslauf
eines Menschen der am 12.02.1904 in Wien geboren worden war? Wie
stieg er vom Wahlsprengelleiter zum ehrenamtlicher Kulturreferent und
Truppenführer einer S.A. Standarte auf und was seine Aufgaben waren?
Wo war er im Krieg? Wo ist seine Kriegsstammrolle? Warum und auf welcher gesetzlichen Grundlage
verfolgte das Bundesministerium Karl Günther 1946? Was tat er nach
seiner Entlassung?
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